Arbeit neu denken mit: Noora Buser
In unserer Serie "Arbeit neu denken mit...", in der wir New-Work-Expertinnen und Experten befragen, diskutieren wir heute mit Noora Buser die Herausforderungen und Chancen, die der Wandel in der Arbeitswelt mit sich bringt, und die Bedeutung von Unternehmenskultur und menschlicher Interaktion.
Zur Person
Als Managing Partner beim Impact Hub Bern und Co-Präsidentin von Impact Hub Switzerland ist Noora Buser an vorderster Front fürs Neueste vom Neuen zuständig. Sie jongliert sich spielerisch durch die Welt der Innovation und ist den neuesten Trends aus den Bereichen New Work und Kreislaufwirtschaft auf der Spur.
1. In der Pandemie hat sich die Art zu arbeiten auf einen Schlag verändert – und plötzlich reden alle über New Work. Stehen wir tatsächlich vor einer Revolution der Arbeitswelt oder ist das nur ein weiteres Buzzword?
Wir stecken mittendrin in grossen Umbrüchen, sei es wirtschaftlich und ökologisch, gesellschaftlich oder politisch. Die Arbeitswelt ist davon natürlich auch direkt und stark betroffen. In vielen Firmen und Organisationen wurden als Reaktion darauf neue Tools oder Arbeitsmethoden eingeführt. Aber der sprichwörtliche Elefant im Raum wurde ignoriert: Macht das, was wir tun, Sinn? Passt es zu uns, wie wir zusammenarbeiten und passt unsere Kultur dazu? Wie können wir sicherstellen, dass wir uns gesehen, gehört und wertgeschätzt fühlen und intrinsisch motiviert sind, uns einzubringen? Wir sind nun an einem Punkt, an dem die VUCA-Welt nicht mehr an Strategie-Retraiten der Führungsetagen als Traktandum auftaucht, sondern mit Wucht da ist. Die Welt ist also zunehmend volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig. Und das ganz konkret in unserem Leben und somit in der Arbeitswelt.
Seit der Pandemie wird der Begriff New Work tatsächlich inflationär gebraucht. Aber klar ist, dass es mit Remote Work, ein bisschen Flexibilität und Coworking nicht getan ist.
2. Warum müssen wir überhaupt Arbeit neu denken?
Ist doch komisch, dass man Erwachsenen zutraut, sich selbst zu organisieren, was Familie, Beziehungen, ihre Engagements in der Freizeit und ihr ganzes Leben betrifft. Bei der Arbeit jedoch scheint es, als ob sie einen Teil ihrer Identität und Selbstständigkeit beim Eingang abgeben. Wir müssen darüber nachdenken, was da schiefläuft.
3. Als Impact Hub seid ihr schon seit über zehn Jahren im New Work Thema unterwegs. Wie haben sich in dieser Zeit die Bedürfnisse der Unternehmen in Bezug auf flexible Arbeitsformen verändert?
Als wir vor sieben Jahren den Impact Hub Bern eröffnet haben, haben wir in vielen Interviews immer wieder den Begriff Coworking erklären sollen. Das war echt erstaunlich. Coworking gibt es seit fast 20 Jahren und wurde erst viel später in die Schweiz gebracht. Heute haben viele Grossfirmen eigene Spaces eingerichtet. Zu uns kommen sie dann oft, um Unterstützung zu suchen, wie das Ganze wirklich zum Leben und ins Laufen kommt. Wie machen sich Mitarbeitende diese Space zu eigen? Dabei fängt es viel früher an: Verstehen wir wirklich die Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden? Verstehen wir unsere Kultur und verstehen, wie sie gelebt wird?
Übergeordnet hat sicher ein Wandel stattgefunden, dass Mitarbeitende sich, ihre Lebenssituation und ihre Individualität viel stärker gewichten und diese Bedürfnisse zum Ausdruck bringen. Zusammen mit dem Fachkräftemangel sind nun die Arbeitgeber gefordert, diesen Bedürfnissen zuzuhören, im Dialog Lösungen zu suchen und zu ermöglichen.
4. Dank Remote Work können Mitarbeitende den Arbeitsort und die Arbeitszeit flexibel an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen. Was braucht es, dass dabei die Kollaboration im Team und der soziale Austausch nicht zu kurz kommen?
Neben den offensichtlichen Faktoren wie guter Infrastruktur und einwandfrei funktionierendem Umfeld, würden wir im Hub niemals unterschätzen, was die tatsächliche physische Zusammenarbeit ausmacht. Wir sehen das täglich hier vor Ort, wo ja neben Menschen aus Corporates und KMU auch viele Solopreneurs oder Startups arbeiten. Wir können gar nicht zählen, wie viele von ihnen aus der menschlichen Interaktion Energie ziehen, um sich dann wieder mit Elan und Enthusiasmus der Arbeit zu widmen. Mir inklusive.
5. Führungskräfte fragen sich, wie sie damit umgehen sollen, wenn Mitarbeitende zukünftig nur noch selten vor Ort arbeiten. Wie viel Kontrolle braucht es in der neuen Arbeitswelt?
Auch bei den Firmen, die wir bei ihrer Transformation begleiten, beobachten wir immer wieder, dass viel Gewicht auf die einfach messbaren, technischen Lösungen gelegt wird, wie Tools. Wenn ich den Mitarbeitenden aber emotional nicht erreiche, laufen viel Energie und Ressourcen ins Leere – die Organisation ist nicht effektiv und effizient. Man kann hier durchaus einen Vergleich ziehen: Es ist seit Jahrzehnten klar, dass nicht technische Innovationen den Klimawandel lösen werden, sondern dass es nur gelingt, wenn es einen tatsächlichen Kulturwandel gibt, sozusagen ein Mindset-Shift.
Kontrolle ist aus unserer Sicht nicht das entscheidende Element, sondern die herausfordernde Aufgabe der Führungskräfte ist es, die Verbindung zu den Mitarbeitenden so zu gestalten, dass sie auch über Distanz und Zeit hinweg wissen, wo der jeweils andere unterwegs ist. Da geht es um vertrauensvolle Beziehungen auf Augenhöhe. Aber auch die Möglichkeit, auszudrücken, wo der Schuhe drückt, da kommen Elemente der psychologischen Sicherheit ins Spiel. Und auch immer klar vor Augen zu haben, auf welche Ziele gemeinsam hin gearbeitet wird und wie genau das gelingen soll, wer welchen Beitrag dazu leistet. Natürlich soll das Erreichen der Ziele dann messbar sein, aber nicht einfach als Kennzahlen, die hinter geschlossenen Türen bewertet werden. Sondern eben gemeinsam. Nicht zuletzt dürfen wir überlegen, wie wir das gemeinsam Geschaffene wertschätzen und die Meilensteine feiern.
6. Auch die Impact Hub Standorte in Bern, Zürich und Lugano sind bereits Teil vom Flesk Netzwerk. Was denkst du, wie können Coworking Spaces von einem Angebot wie Flesk profitieren?
Für uns ist Flesk fantastisch. Zunächst erfüllt es ein echtes Kundenbedürfnis. Auf unserer Seite erspart es eine ganze Menge Administration und wir können auch Firmen ein echt attraktives Angebot machen, ohne komplizierte Prozesse bauen zu müssen. Das wiederum bringt unsere Ressourcen dahin, wo sie sein sollen und stellt eine tolle Erfahrung für die Kund:innen sicher. Super, was ihr macht, wir sind Fan!